Eisen und kosmische Materie
Vor 4,6 Milliarden Jahren

Der Blick von der südlichen Hohen Wand über das Grünbacher Becken und die wellige Landschaft des Kettenluß hinweg zum Horizont, dessen Silhouette wie eine Treppe vom Schneeberg im Westen zur Pannonischen Tiefebene im Osten niedersteigt, lässt nichts mehr von den dramatisch-chaotischen Ereignissen erahnen, die unseren Planeten bei seiner Geburt aus Feuer, Asche, Lava, Dampf und Schwefelregen begleiteten. Die Erde vor 4,6 Milliarden Jahren. Niemand kann sagen, wie sie im Stadium ihres Entstehens aussah, denn die ersten Seiten ihres Geschichtsbuchs fehlen. Die einzigen Zeugen, die Urgesteine, wurden zermahlen, geschmolzen, gepresst und mehrfach unter extremen Druck umgeformt. Daher ist alles, was Geologen über die Anfangsphase der Erde sagen, Hypothese. Bevorzugt ist jene, nach der die Erde aus Gas- und Materialpartikeln entstand und sich zu drehen und zu verdichten begann. Gleichzeitig wuchs sie und heizte sich auf.

Drei Prozesse finden dabei statt:

1. kosmische Energie schlägt ein,
2. die Eigengravitation nimmt durch das Anwachsen der protoirdischen Masse zu,
3. die Radioaktivität im Erdkern steigt.


Der für die Entwicklung unserer Erde entscheidende Prozess beginnt, als ein Drittel der Erdmaterie – soviel besteht aus Eisen – schmilzt. Das flüssige Eisen sinkt zum Erdzentrum und verdrängt leichteres Material. Während der Eisenschmelze verflüssigen sich auch Gesteinsteile, die als leichteres Magma auf der Eisenschmelze des Erdkerns schwimmen. In Jahrmillionen kühlt es sich ab und verhärtet zu einer instabilen Kruste. Sie ist einem ununterbrochenem Bombardement kosmischer Materie ausgesetzt. Erst die Bildung einer darunterliegenden halbflüssigen Gesteinsschicht, des Erdmantels, erhöht die Konsistenz der Kruste. Urkontinente entstehen, die wie riesige Schollen auf dem Mantel schwimmen (vor etwa 4 Milliarden Jahren). Aus dieser Zeit stammen die ältesten Gesteine der Erde. Für den nordamerikanischen Acasta-Gneis wurde ein Alter von 3.962 plusminus 3 Milliarden Jahren und für die 1985 in Westaustralien entdeckten Zirkone – das sind in einer Gesteinsschmelze kristallisierte Mineralkörner – eines von 4,3 Milliarden Jahren errechnet. Dagegen sind die Gesteine unserer Region jung wie ein Baby: Der in der Hitze des Erdinneren entstandene Serpentinit des Höfleiner Preßbühels ist nicht älter als 230 Mio Jahre.